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Design Thinking

DESIGN THINKING FÜR DIE DIGITALISIERUNG NUTZEN

Unabhängig von der Frage der Digitalisierung stellt Design Thinking einen inspirierenden Ansatz dar, um neue Wege in der Produktentwicklung zu erkunden und größere Anwendernähe einzuschlagen. Design Thinking selbst versteht sich als ein Bündel von Methoden und Maßnahmen, die dieses Ziel verfolgen. Gerade für die digitale Transformation ist deshalb Design Thinking in zweierlei Hinsicht nützlich. Der methodische Ansatz kann helfen, den Transformationsprozess an sich besser und zielgerichteter zu steuern. Er kann aber auch dafür genutzt werden, neue digitale Angebote losgelöst von den vorhandenen analogen Strukturen zu betrachten und neu zu definieren.

DIE dESIGN CHALLENGE

Die „Wurfweite“ erhöhen – das steckt in der Festlegung der Design Challenge: worum geht es eigentlich genau mit den iniitial gestellten Auftrag, was soll erreicht werden und welche dahinter liegenden oder welche übergeordneten Ziele lassen sich daraus ableiten? Was verbessert das bestehende Angebot nicht nur ein bisschen, sondern bringt fundamental neue Nutzungsmöglichkeiten?

Mit der neuen Formulierung der eigentlichen Herausforderung ist zugleich verbunden, alten Ballast abzuwerfen, den Abteilungssilo zu verlassen, den Blick auf die Anwendung zu lenken und Offenheit für neue Betrachtungen zu schaffen. Vorgefertigte Meinungen zur Nutzung und die Anwender sollten in dieser Phase endgültig über Bord geworfen werden.

Gerade für die Fragen der digitalen Transformation ist eine solche erhöhte „Wurfweite“ notwendig. Einfach einen analogen Prozess durch online- oder digital-gestützte Anwendungen abzulösen, schafft mehr Probleme als Nutzen. Umgekehrt werden die besten Chancen auf Weiterentwicklung und Innovation vertan, wenn nicht über den bislang gesteckten Rahmen hinausgedacht wird. Die Design Challenge der Digitalisierung ist nicht die Imitation des Analogen. Sie ergibt sich aus der schneller und detaillierter verfügbaren Information, der Entlastung von händischer zugunsten automatisierter Tätigkeit, höherer Konformität und Prozesssicherheit, klarer Fallunterscheidung, gesteigerter Individualisierung ebenso wie größerer Generalisierung und vielen weiteren technologie- und projektabhängigen Faktoren.

BEOBACHTUNG

Der vielleicht wichtigste Schritt des Design Thinking liegt in der vorurteilsfreien Sammlung von Infomationen zur Situation, in der ein Gegenstand oder eine Software zur Anwendung kommen soll. Das kann eine Art absichtlichen Umdenkens sein, um neue Blicke auf lange Bekanntes zu ermöglichen. Es ist auf jeden Fall ein Sich-hinein-begeben in die reale Situation, die der Anwendung zugrunde liegt. Dabei ist die Beobachtung, verbunden mit einem Hineinversetzen und Empathie eine wichtige Fähigkeit. Tim Brown beschreibt diese Phase des Design Thinking anschaulich:

Folglich gehört zu fast all unseren Projekten eine intensive Beobachtungsphase. Wir schauen uns an, was die Menschen tun (und nicht tun) und hören uns an, was sie sagen (und nicht sagen). Das erfordert Übung. Es ist keineswegs einfach zu entscheiden, wen man beobachten soll, welche Recherchemethoden anzuwenden sind, wie man nützliche Rückschlüsse aus den gesammelten Informationen ziehen kann, oder wann man mit dem Syntheseprozess anfangen soll, der uns irgendwann eine Lösung anzudeuten beginnt. Jeder Anthropologe wird bestätigen, dass es bei der Beobachtung auf Qualität ankommt, nicht auf Quantität.

Brown, Tim (2016): Change by Design: wie Design Thinking Organisationen verändert und zu mehr Innovationen führt. München: Franz Vahlen, S. 36.

Ein weiterer Ansatz, um die Nutzungssituation aus Sicht des Anwenders besser zu verstehen, ist die Betrachtung in der Abfolge vorangehender und nachfolgender Schritte, die mit der Nutzung einer Anwendung oder eines Produkts zusammenhängen. Hierfür wurde der Begriff der Customer Journey ursprünglich geprägt – auch wenn er gerade im Bereich des Online-Marketing immer weiter reduziert und gern mit einem Sales Funnel verwechselt wird. Customer Journey meint, einem bekannten Beispiel folgend, beim Kauf eines Bahntickets also nicht nur den Moment am Fahrkartenschalter oder -automaten, die Angabe vom Reiseziel und den Bezahlvorgang. Customer Journey meint das gesamte Paket: die Anfahrt zum Bahnhof, Parkplatzsuche, Orientierung im Bahnhofsgebäude bis hin zum Finden des Zugs und resevierten Sitzplatzes. Das alles zu beobachten und in das Produktangebot einzubeziehen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit das bisherige Mindset komplett verändern.

Ebenfalls hat sich die Beobachtung von Nutzern bewährt, die nicht zum Standardnutzer zu zählen sind. Ein abweichendes, vielleicht einzigartiges Anwendungsverhalten zeigt neue Dimensionen eines Produkts auf und lenkt den Blick auf die vielleicht weniger ins Auge fallenden Eigenschaften. Extreme Nutzer, Heavy user, nach Häufigkeit oder Intensität, liefern oftmals neue Erkenntnisse zum Nutzungszusammenhang.

Für die digitale Transformation sind Empathie, die Zusammenstellung einer Customer Journey Map und die Einbeziehung von Extremusern ebenfalls wichtige Werkzeuge, um zu verbesserten Anwendungen zu gelangen. Sie helfen zunächst, sich nachhaltig vom dominanten analogen Mindset zu lösen. Die gründliche, vorurteilsfreie Beobachtung liefert neue Argumente und Perspektiven, sie lässt neben der Prozessbetrachtung auch immer den Anwender – und sein im Analogen geübtes Verhalten – im Bild erscheinen. Damit wird abgesichert, das die digitale Transformation nicht im Ansatz zu eng gedacht wird und auch immer der spätere Anwender z.B. durch Schulungen und Weiterbildung mit berücksichtigt wird.

In der weiteren, kreativen Prozessphase des Design Thinking kommen dann Methoden zur Anwendung, die digitale Anwendungen ebenso wie Produkte und Angebote weiterentwickeln helfen.

Schallmo, Daniel R. A.; Lang, Klaus (2020): Design Thinking Erfolgreich Anwenden: So entwickeln Sie in 7 Phasen kundenorientierte Produkte und Dienstleistungen. 2. Aufl. 2020. Wiesbaden: Springer Fachmedien

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